Wolfgang Grandjean, der das Lauf-geht’s-Programm entwickelt hat, gewährt Einblicke in seine persönliche Lauf-Geschichte:
Herr Grandjean, wie kamen Sie auf die Idee zu Lauf-geht’s?
Sagen wir mal: Es war die Hemdengröße. „Comfort fit“ ist die höflichste Art der Textilindustrie, mir zu sagen, ich bin zu dick. Ich habe in der Jugend Leistungssport gemacht, aber die letzten 20 Jahre geschludert. Die Pfunde gingen rauf, ebenso der Blutdruck. Das viele Sitzen im Büro und im Auto führte zum Bandscheibenvorfall. Es musste was geschehen!
Warum gerade Laufen?
Es ist so einfach. Man braucht nur Schuhe und raus aus der Tür. Man muss keine festen Trainingszeiten einhalten. Ich dachte, dass kann doch nicht so schwer sein.
War es dann aber doch?
Ich habe so ziemlich alles falsch gemacht. Viel zu schnell losgelaufen. Kein Muskelaufbautraining. Volle Kraft in die Verletzung. Die Wade zerrt, die Achillesferse schmerzt. Außerdem fiel es mir schwer, mich bei schlechtem Wetter zu motivieren.
Und so kam die Idee zu Lauf-geht’s?
Ich habe mich im Freundeskreis umgeschaut und stellte fest, dass geht doch nicht nur mir so. Wenn wir also ein Programm entwickeln, das uns Anfänger und Wiedereinsteiger motiviert, dranzubleiben und gleichzeitig „bei der Hand“ nimmt, dann müsste es klappen. Man braucht ein ambitioniertes Ziel. Das ist der Halbmarathon. Man begrenzt es zeitlich: Zur Erfüllung benötigen wir nur sechs Monate. Und wir haben mit Dr. Wolfgang Feil einen wissenschaftlichen Leiter gefunden, der nicht nur an den Sport denkt, sondern auch die gesunde Ernährung im Blick hat.
Sie haben bei der ersten Teilnahme am Programm vor drei Jahren über zehn Kilo abgenommen. Haben Sie Ihre Ernährung komplett umgestellt?
Komplett nein. Dazu koche und esse ich viel zu gern. Aber es reicht schon, wenn man sich an die wesentlichen Regeln hält: Kohlenhydrate reduzieren, also keine Pasta-Orgien mehr. Mehr Salat, mehr Gemüse, mehr Gewürze. Viel Eiweiß. Gesunde Fette, auch Butter. Aber so wenig Weizen und Roggen wie möglich. Das schmeckt prima. Und ab und zu darf man dann auch genussvoll sündigen. Da kenn ich nichts!
Laufen Sie eigentlich gerne?
Ich muss zugeben, dass ich mich jahrelang über Läufer lustig gemacht habe. Diese Hungerhaken, die jedem ihre Laufgeschichte aufdrängen und bei Parties über nichts anderes mehr reden. Wenn Gott wollte, dass wir laufen, warum hat er dann das Auto erfunden? – das war mein Wahlspruch. Mittlerweile habe ich es lieben gelernt. Morgens bei Sonnenaufgang durch den Wald zu laufen, die frische Luft zu spüren, wie automatisch zu laufen und im Kopf den Tag durchzuspielen. Das macht mich ruhiger und ausgeglichener.
Wie lange benötigen Sie für den Halbmarathon?
Ich bin kein schneller Läufer. Das ist auch nicht mein Ziel. Mir reicht es, wenn ich – je nach Trainingsstand – zwischen 2:15 und 2:40 Stunden ankomme. Aber dann bin ich noch fit genug, dass ich mich auch noch ohne Probleme beim Laufen unterhalten kann.
Was hat Ihnen das Laufen gebracht?
Ganz einfach: mehr Gesundheit. Ich habe dauerhaft Gewicht verloren, konnte den Blutdruck deutlich senken und habe viel weniger Rückenschmerzen. Außerdem bin ich in manchen Dingen gelassener geworden. Und das ist gut so! Was empfehlen Sie Menschen, die sagen, dazu habe ich eigentlich keine Zeit? Jeder hat gleich viel Zeit – alles ist eine Sache der Planung und des Willens. Wer sich nur wenig Zeit für Bewegung nehmen möchte, kann auch ein fünfminütiges, sehr intensives Kurztraining absolvieren. Es schützt vor Krankheiten und ist besser, als mit 70 Jahren viel Zeit aufzuwenden, um von einem Doktor zum anderen zu gehen, weil man sich davor zu wenig bewegt hat.
Wolfgang Grandjean in unserem ZVW Interview.